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Wie drehte DoP Greig Fraser mit der Sony FX3 einen Kinofilm?

Revolutionär

Regisseur Gareth Edwards stellte im September 2023 den Science-Fiction-Film „The Creator“ vor. Die DoPs Oren Soffer und Greig Fraser waren gemeinsam für die Bildgestaltung verantwortlich und drehten den 133-Minüter nahezu komplett auf der Sony FX3.Wir nehmen uns noch einmal die Kamera vor und fassen zusammen, welche Features ausschlaggebend für den Einsatz bei „The Creator“ waren.

Regisseur Gareth Edwards am Set von "The Creator"
Foto: Glen Milner

Die jüngsten Kinojahre sind nicht arm an technologischen Revolutionen. On-Set-Welten aus der Game Engine auf LED-Walls, wahrhaft durchdrehende Stabilisationssysteme, hochmoderne Objektive für mehr Atmosphäre oder immer größere Sensoren mit immer mächtigeren Codecs in immer kleineren Kamerabodys hatten eins gemeinsam: Sie erweiterten die Freiheit der kreativen Köpfe am Set. Dabei waren die großen Namen Hollywoods immer ganz vorne dabei, die Grenzen des Machbaren zu verschieben.

Eherne Gesetze brechen

Bis auf Weiteres den Vogel abgeschossen hat dabei vermutlich Regisseur Gareth Edwards zusammen mit seinen DoPs Oren Soffer und Greig Fraser. Für das Science-Fiction-Epos „The Creator“ brachen die drei Kreativen einige eherne Hollywood-Gesetze. Blockbuster müssen einen neunstelligen Dollarbetrag kosten? Das Budget von „The Creator“ wird auf 80 Millionen geschätzt. Klug ist es, möglichst alles im Studio zu drehen? „The Creator“ entstand nahezu komplett an über 80 Originalschauplätzen. Man braucht eine professionelle Kinokamera? Auch das ist nicht der Fall und vermutlich das bemerkenswerteste an diesem Projekt. „The Creator“ wurde fast komplett auf einer 4.500-Euro-Kamera gedreht: der Sony FX3. Ein VFX-lastiger Kinoblockbuster, der auch auf IMAX-Leinwänden ausgeliefert wird, enstand also zugespitzt gesagt auf einem Fotoapparat.

Um all diese Informationen einordnen zu können, muss man wissen, wie Regisseur Gareth Edwards gerne arbeitet. Denn der Brite läuft am Set mit Vorliebe selbst mit der Kamera in der Hand herum und ist so der vermutlich teuerste Operator der Welt. DoP Oren Soffer erklärt im „The Cinematography Podcast“ von Ilya Friedman und Ben Rock, dass Edwards Herangehensweise sehr instinktiv ist. „Die Tatsache, dass er die Kamera bedient, bedeutet, dass er nicht eine halbe Stunde des Tages damit verbringen muss, dem gesamten Team zu erklären: ,Okay, hier sind die Aufnahmen, die wir machen werden!‘“, so DoP Soffer. „Einfach auch deshalb, weil er selbst nicht unbedingt weiß, in welcher Reihenfolge das sein wird, was zuerst kommt.“

Edwards begibt sich in jede Szene ganz frisch, will auf Lichtsetzung, Umgebung und das Spiel der Darsteller reagieren. „Es ist sehr organisch“, sagt Soffer. „Es ist ein bisschen schwer zu erklären, weil es von Einstellung zu Einstellung oder von Szene zu Szene variiert. Manchmal ist es sehr gescriptet, manchmal ist es völlig locker, wie bei einem Dokumentarfilm.“ Der Regisseur hatte zwar eine Shotlist, die beschrieb aber eher, was er erreichen wollte und keine finalen Einstellungsgrößen oder Shots. Die Liste bekam auch niemand anders zu Gesicht, weil Edwards auf keinen Fall wollte, dass sie als Fahrplan wahrgenommen würde.

Regisseur Gareth Edwards (rechts) bespricht eine Szene mit Madeleine Yuna Voyles. Im Hintergrund halb verdeckt Gemma Chan als Maya.
Regisseur Gareth Edwards (rechts) bespricht eine Szene mit Madeleine Yuna Voyles. Im Hintergrund halb verdeckt Gemma Chan als Maya. (Foto: Glen Milner)

Doppelspitze

Wenn Edwards also selbst schwenkt, wozu braucht er dann noch einen DoP, ganz zu schweigen von zweien? DoP Greig Fraser hatte mit Edwards zuvor schon „Rogue One“ gedreht und war früh in der Vorbereitung von „The Creator“ involviert. „Gareth ist ein sehr entschlossener Regisseur und er bedient seine Kamera selbst, aber es gibt eine Menge Dinge, bei denen er Unterstützung braucht“, erläutert Fraser. „Er beleuchtet nicht seine eigenen Sets, er stellt nicht seine eigene Crew ein und er bedient nicht die Gimbals und die Rigs. “ Aufgrund der Vorbereitungen zu „Dune 2“, die sich durch die Covid-Pandemie verschoben hatten, konnte er die Dreharbeiten von „The Creator“ nicht übernehmen. So kam DoP Oren Soffer ins Spiel, der die Arbeit am Set übernahm. Diese Aufteilung hatte Fraser schon bei „The Mandalorian“ zusammen mit DoP Baz Idoine kennengelernt und findet sie sehr inspirierend.

„Ich hatte das Gefühl, dass ich ihm etwas Unterstützung geben musste, die über einen reinen Lichttechniker hinausging“, so Fraser. „Denn obwohl unser Oberbeleuchter für diesen Film fantastisch war, hatte ich das Gefühl, dass ich einen weiteren Kameramann brauchte. Die Sache ist die, dass durch das Gewicht der Rolle eines DoPs die Hierarchie am Filmset intakt blieb.“ Für Greig Fraser stellt die Art der Kameraarbeit bei „The Creator“ das klassische DoP-Modell infrage. „Es ist eine sehr interessante Diskussion darüber, was die Rolle einer Kameraperson ist, und ich denke, wir sollten diese Diskussion als Kameracommunity in Zukunft führen, weil wir diese Rolle philosophisch definieren müssen. Muss der Kameramann die Kamera berühren? Nein. Muss ein Kameramann ein Team leiten? Nein.“

Für „The Creator“ bedeutete die Dreier-Aufteilung eine Bereicherung. So konnten die DoPs sich im Hintergrund über die Sets und Motive austauschen, während Soffer in Thailand und an anderen Originalmotiven unterwegs war. Fraser, der in Europa die Pre-Production von „Dune 2“ leitete, schaute sich die Dailies im Kino an und konnte so wertvolles Feedback aus einer Distanz geben, die Soffer nicht hatte. „Es ist etwas ganz Besonderes, ein anderes Gehirn zu haben, mit dem man all diese Dinge teilen kann“, sagte DoP Oren Soffer dazu.

Dreharbeiten zu "The Creator" mit Gimbal-Kamera
Mehrere Riggs mit der Sony FX3 und passendem Objektiv standen jederzeit fertig bereit, hier der DJI Ronin 2 Gimbal. (Foto: Oren Soffer)

Die Rolle der Kamera

Der Weg zur Sony FX3 folgte der Arbeitsweise von Gareth Edwards noch ein Stück weiter. Der Regisseur hatte in 2019 in sieben asiatischen Ländern einen etwa zehnminütigen Film ohne Handlung als Proof of Concept gedreht. Dieser war auf einer Nikon DSLR entstanden. Diesen gab er an die VFX-Gurus bei Industrial Light & Magic weiter und ließ an den Originalmotiven futuristische Architektur mit der Umgebung verschmelzen oder verpasste echten Protagonisten teilweise oder komplett Androiden-Aussehen. Dies ermöglichte ihm, die Finanzierung für „The Creator“ zu finden.

Als es dann daran ging, den finalen Dreh zu planen, war die Frage, ob es nicht möglich sei, den gesamten, abendfüllenden Kinofilm auf diese Weise zu drehen. DoP Greig Fraser wählte die Sony FX3, weil sie in Formfaktor und Features die Flexibilität ermöglichte, die der Film und die von Regisseur Edwards geforderte Produktionsweise benötigten. Zudem war bei der Wahl der FX3 relevant, dass Sony die Farbperformance der größeren Kameras wie der VENICE mit ihrem S-Log-Farbräumen auch in kleinere Kameras brachte. Fraser bemängelt im Gespräch mit den Hosts vom „The Cinematography Podcast“ eine elitäre Technologiehörigkeit, die eine freie Kreativität eher behindere. „Es gibt eine riesige mentale Barriere, die die Menschen haben, wenn es um die Kosten von etwas im Vergleich zu dem Wert geht, den es bietet“, so Greig Fraser. „Das gesamte System des Films hing von der Fähigkeit ab, mit einer solchen Kamera zu drehen.“ Dabei sei ihr Preis irrelevant. Oren Soffer klärt, was stattdessen wichtig ist: „Kann diese Kamera ein qualitativ hochwertiges Bild auf dem Niveau liefern, das für das, was wir brauchen, erforderlich ist? Wir müssen in der Lage sein, das Material farblich zu kolorieren, und muss in der Lage sein, visuelle Effekte hinzuzufügen, also ist das ProRes-RAW-Format, das 4K-ProRes-RAW, das man aus dieser Kamera herausholen kann, robust genug für diese Arbeit, und wenn die Antwort ja lautet, dann hat man die einzige Frage beantwortet, die relevant ist.“

Die Sony FX3 ermöglicht externe Aufzeichnung in 16-bit-RAW über den HDMI-Ausgang bei einer Auflösung von 4.264 × 2.408 bei Bildraten von 59,94p, 50p, 29,97p, 25p sowie 23,98p. Das 10-bit-S-Log-3 soll über 15 Blendenstufen Dynamikumfang bieten. Natürlich bieten High-end-Kameras noch höhere Bildraten. Das war definitiv ein Kompromiss, den Soffer und Fraser eingingen. Die interne Aufzeichnung der Sony-Codecs XAVC HS 4K, XAVC S 4K oder XAVC S-I 4K wird für „The Creator“ ohnehin weniger relevant gewesen sein. Wichtig war der qualitativ hochwertige ProRes RAW Codec. Diesen testete Greig Fraser im Vorfeld bei Werbefilmdrehs und prüfte gemeinsam mit Colorist David Cole bei Fotokem in Los Angeles, ob er das geplante Vorhaben auch umsetzen konnte.

Bei den Tests stellten Fraser, Edwards und Soffer fest, dass die FX3 bei den erforderlichen ISO 12.800 ein deutlich wahrnehmbares Rauschen mitbrachte. Soffer betont, dass hier die subjektive Empfindung sehr wichtig war. „Sie hat ein Grundrauschen, aber das ist überraschenderweise schockierend sauber für diese ISO, aber sie ist eben nicht kristallklar“, so Oren Soffer. „Wir mochten das Rauschen einfach. Wir haben darüber gesprochen, weil es aus irgendeinem Grund filmisch aussah.“ [15403]


Möchten Sie mehr darüber erfahren, wie „The Creator“ mit der Sony FX3 entstand? Hier finden Sie den kompletten Artikel!


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